• Private XVIII | #metoo •

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* Warnung – Opfer von sexuellen Übergriffen möchten das hier vielleicht nicht lesen *

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Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich hab’ bereits in → diesem und → diesem Private-Post über sexuelle Belästigung geschrieben, aber ich hab’ das Gefühl, dass es mehr zu sagen gibt, mehr Geschichten zu erzählen. Es ist Zeit, dieses Problem noch öffentlicher und greifbarer zu machen, damit endlich etwas passiert. Denn so geht es einfach nicht mehr weiter.

Nach Alyssa Milanos Tweet wegen des aktuellen Harvey Weinstein Skandals waren die Reaktionen enorm. Auch ich hab’ die Worte “me too” auf meinem privaten Facebook-Account gepostet, weil ich – und ich wage es, das zu sagen – wie jede Frau sexuell belästigt wurde. Nicht nur ein oder zwei Mal, es passiert jeden einzelnen Tag. Nur weil ich online bin.

Wenn ich zurückdenke, würde ich sagen, dass ich das erste Mal mit 15 Jahren sexuell belästigt wurde, eigentlich war es sogar ein sexueller Übergriff, während eines einwöchigen Praktikums, das wir wegen der Schule machen mussten. Ich hatte mich entschieden, zu einem Reisebüro zu gehen, das auch eine Poststelle mit drin hatte. Der Besitzer der Agentur war ein Freund meiner Eltern. Sein Sohn, damals 30 Jahre alt, hat sich um die Poststelle gekümmert. Natürlich fand ich ihn süß und interessant (denn mit 15 sind ältere Typen immer spannender als die dummen Jungs um einen herum – zumindest sah ich das so), aber ich hätte niemals mit dem gerechnet, was während dieser Tage passieren sollte. Ich hab’ es nie rausgefordert. Eines Tages war ich allein mit ihm, hab’ alte Reisekataloge für seinen Vater sortiert, als er plötzlich hinter mir auftauchte und meinen Nacken küsste. Zuerst war ich geschmeichelt. Ich wusste es nicht besser. Wir haben uns geküsst und in der Mittagspause hat er mich nach Hause mitgenommen, um bei seiner Mutter vorbeizuschauen, einer guten Freundin meiner Mutter – und dann hat er mich ein Stockwerk weiter hoch gebracht, in seine Wohnung. Wo er wollte, dass ich meine Hand auf seinen Penis lege. Ich hab’ mich geweigert, gesagt, dass ich das nicht will. Er hat versucht, mich zu überreden, meinte, dass es nicht schlimm wäre, nahm meine Hand und legte sie auf seinen erigierten Penis, über der Hose. Ich habe mich geschämt und war verwirrt, ich wollte das nicht. Die Situation war seltsam und ich hab’ mich dabei nicht gut gefühlt. Die letzten zwei Tage in der Agentur waren komisch, ich fühlte mich dreckig und angeekelt. Nur Jahre später hab’ ich meinen Eltern erzählt, was passiert war. Das war definitiv die schlimmste Story von allen, in meinen 27 Jahren auf dieser Erde als Frau.

Mir haben Bauarbeiter hinterhergerufen, während ich am hellichten Tag durch die Stadt gelaufen bin. Auf einer Teeny-Party im “E-Werk” hat mir ein Junge von hinten sein T-Shirt über den Kopf gestülpt und seinen Schwanz an meinem Hintern gerieben, bevor er wortlos verschwunden ist. Während ich allein an der Haltestelle in unserem kleinen Dorf auf den Bus gewartet habe, haben LKW-Fahrer immer abgebremst und gehupt, wenn sie an mir vorbeigefahren sind – ich war schätzungsweise 16, als es am öftesten passiert ist. Ein weiterer Kerl hat mir immer an die Brüste gefasst, während wir uns geküsst haben, obwohl ich immer wieder gesagt habe, dass ich das nicht will und er aufhören soll.

Und dann sind da noch die Unmengen an Typen in den sozialen Medien, die Mehrheit aus arabischen Ländern, die mir immer wieder Penisbilder schicken, nach Nacktfotos fragen, mir Heiratsanträge machen, seltsame Sex-Angebote schicken (ein 17-jähriger hat mich neulich gefragt, ob ich ihn entjungfern will) und andere “Liebesbekundungen”. Das ist mein täglich Brot auf Instagram und Facebook. Nur, weil ich Bilder von mir poste. Und offensichtlich, weil ich dick bin und damit ihren Fetisch anspreche und es verdiene, zu hören, dass sie “mein Arschloch trockensaugen” wollen.

Das ist nicht okay. Und was noch schlimmer ist, ist die Diskussion darüber, was Frauen tun können, um das zu verhindern. NEIN! Es liegt nicht an uns Frauen. Es sind die Männer. Ich sage nicht, dass alle Männer sexuelle Belästiger sind. Nicht alle von ihnen machen so eine Scheiße, aber alle stecken da mit drin und alle müssen etwas daran ändern. Die, die nicht in sexuelle Belästigung involviert sind, sollten etwas tun anstatt zuzuschauen und es zu ignorieren. Lehrt eure Freunde, sagt ihnen, wenn etwas falsch läuft. Es ist ja nicht so als würden Männer und Jungs ständig Scheuklappen tragen und das alles nicht mitbekommen. Sie ziehen es nur vor, nichts zu sagen, weil das der einfachste Weg ist. Aber das ist das Schlimmste, was ihr tun könnt. Schweigen, wenn es eine Situation gibt, in der man für jemanden einstehen sollte – das muss sich ändern!

Wir müssen unsere Kinder erziehen. Unseren Söhnen beibrigen, dass das alles nicht in Ordnung ist. Unseren Töchtern beibringen, dass sie sich nicht fürs Schweigen entscheiden sollten, wenn es passiert. Wir müssen unseren Kindern Respekt beibringen, wie man andere behandelt, wie man ein “Nein” akzeptiert (und dass ein “Nein” nicht immer gleich bedeutet, dass man von jemandem total abgelehnt wird und es somit nicht heißt, dass man beleidigend und aggressiv und – im schlimmsten Fall – ein Vergewaltiger werden muss). Wir müssen Männern beibringen, dass Kleidung keine Einladung ist. Kleidung macht dich nicht zum Vergewaltiger, sondern dein widerlicher Verstand.

Wir müssen darüber sprechen. So oft es eben notwendig ist. Bis sich etwas ändert. Wir müssen die Generation #metoo beenden. Ich will, dass meine Freunde sicher sind. Ich will selbst sicher sein. Und wenn es bedeutet, dass ich darüber schreiben muss, ein Mal, zwei Mal, drei Mal oder sogar öfter, um etwas zu ändern, dann werde ich das tun. Ich will nicht schweigen, ich will dieses Problem nicht ignorieren. Und ich werde immer meinen Mund aufmachen um zu schreien, wenn es mir passiert, wenn es anderen passiert.

##metoo#Alyssa Milano#Harvey Weinstein#me too#no means no#Private#sexual assault#sexual harassment#sexuelle Belästigung#sexueller Übergriff
Written by Luciana
Hello everyone, my name is Luciana, I'm 27, and the creative mind of "Lu zieht an." I was born in Germany but I'm half Brazilian, that's why you can read this blog in German and English - but feel free to write and ask me anything in Portuguese. I love and live fashion, am obsessed with sunglasses and bright lipsticks and the world's biggest sushi and steak lover. Follow me for daily updates on Instagram (@luziehtan). ♥
12 comments
  • Die Opferrolle hat also klar und ausschließlich immer die Frau, Täter sind die Männer? Und zur Not, weil sie nur wegschauen? Absolut unpassend. Wer sich pauschal als Frau in diese Opferrolle begibt, sollte mal überlegen, ob da nicht schon etwas falsch läuft, in der grundsätzlichen Beziehung zum anderen Geschlecht und der Rolle des eigenen Geschlechts in der Gesellschaft.
    Es sollten mal alle Männer, die es laut Studien nämlich durchaus auch gibt, sich so eine Bühne verschaffen, wie es scheinbar die Emanzipation (?) von Frauen verlangt?
    Hier mal ein aktueller Artikel, der meiner Ansicht nach ganz klar zeigt, dass das nichts mit Mann/Frau zu tun hat, wer Opfer und wer Täter ist, sondern mit eben respektlosen Menschen, die eben sowohl Mann oder Frau sein können. http://www.zeit.de/arbeit/2017-10/sexuelle-belaestigung-mann-arbeit
    Aber Hauptsache die Gesellschaft ist schuld. Die besteht zwar zu 49,5% aus Frauen (Stand 2015) aber die können da ja kaum mit gemeint sein.

      • Ich hab‘ die Kommentare hier bewusst nicht beantwortet, aber bei so einer Provokation wie deiner kann ich es mir natürlich nicht verkneifen.

        Dass es sexuelle Belästigungen auch bei Männern gibt, ist unbestritten und das will ich auch nicht leugnen (siehe mein erster verlinkter Post, in dem habe ich es auch erwähnt). Bei dieser Bewegung geht es allerdings um die sexuelle Belästigung von Frauen durch Männer und da ist es klar so, dass die Männer die Täter sind. Und ja, die die schweigen, machen sich zum Mittäter. Hinter dieser Aussage stehe ich voll und ganz.
        Es gibt keinen Grund, jetzt angepisst zu sein, weil Frauen laut und deutlich werden, und irgendwie würde ich ja jetzt fast schon „Getroffene Hunde bellen“ als passende Metapher sehen, aber das will ich dir nicht grundlos unterstellen, denn das wäre genauso verkehrt, wie jetzt hier rumzujohlen, dass die Frauen sich freiwillig in eine Opferrolle begeben. Das tun wir keinesfalls, denn auf dieser Welt läuft einfach grundlegend etwas schief!

        Ja, vielleicht wäre es nicht so verkehrt, wenn Männer der sexuellen Belästigung auch ein Gesicht geben und das vielleicht nicht auch vollkommen anonymisiert. Tatsache ist: jetzt, wo viele Frauen ihre Geschichten erzählen, wird NOCH deutlicher, wie groß dieses Problem überhaupt ist.
        Und wenn ich mir dann von einem Mann anhören muss, dass ich mich in eine Opferrolle begebe, dann ist das noch ein Zeichen dafür, dass es noch längst nicht alle verstanden haben. Und so lange werde ich gerne weiter drüber schreiben. Und weiterhin sagen, dass alle Männer Täter sind.

      • Wie beschämend ist es, dass so viele Menschen bist heute nicht verstanden haben, andere mit Respekt zu behandeln. Menschen sind keine Sexpuppen, über die man ungestüm herfallen kann, ohne dass sie physischen oder psychischen Schmerz verspüren! Es tut mir so leid, dass du soetwas durchleben musstest.
        Meine Mutter wurde auch von einem Pfarrer sexuell belästigt, als sie ungefähr so alt war wie ich (also um die 20). Ihre Mutter – bis heute „scheinkatholisch“ glaubt ihr bis heute nicht, obwohl meine Mutter lange daran zu nagen hatte. Umso mehr wurde sie zur Löwin, als ich ihr erzählte, dass ein fremder Junger Mann bei einem Maturaball mein Kleid hochgehoben und mir an den Arsch gefasst hatte, während sogar mein Freund meine Hand hielt, aber leider nichts davon mitbekam.
        Danke, dass uns Gehör verschaffst und mit uns dagegen ankämpfst. Es ist an der Zeit, diese sexualisierte Welt zu einem Halt zu bringen und Menschen, die einen als Sexualobjekt ausnutzen wollen, Respekt, Anstand und ein neues Menschenbild zu lehren!

        • Je mehr darüber gesprochen wird, umso klarer wird mir, worum es eigentlich geht. Nein, etwas wirklich „Schlimmes“ ist mir nie passiert. Aber schräge Anmache, blöde Kommentare, auch das äußerst ungute Gefühl in manchen Situationen, das alles kenne ich sehr gut. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass die intelligenteren Männer oft Spaß am verbalen Schlagabtausch fanden und sich selbst nicht so ernst nahmen, während andere beleidigend reagierten. Für mich ebenfalls ein Hinweis, dass es hauptsächlich um Machtdemonstration geht. Wer nichts drauf hat, muss so tun als ob. Und sich vorzugsweise an vermeintlich Schwächeren vergreifen. Also: Wir Frauen sind nicht das Problem. Die Männer auch nicht. Aber nicht wenige von ihnen haben ein Problem mit sich selbst. Das zu ändern ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und sollte daher in jedem Fall ein eindeutiger Auftrag an die Politik sein.

          • Liebe Lu, danke für diesen wichtigen Beitrag. Ja, #metoo. Und nicht nur ich, sondern alle Frauen, die ich kenne. Es ist erschreckend, aber jede hat dazu etwas zu erzählen, von unpassenden „Komplimenten“ bis zu sexuellen Übergriffen. Mein erstes Erlebnis diesbezüglich hatte ich mit 13 Jahren, als mir ein Mann plötzlich zu nah kam und mir an die Brüste fasste. Ab da zieht es sich durch mein Leben. Leider ist gerade der Alltagssexismus so schwer zu fassen, weil er oft so unterschwellig daher kommt, wo man sich schlecht fühlt, aber nicht so richtig reagieren kann, weil ja eigentlich gar nichts Großes passiert ist. Man bleibt dann oft mit einem Unbehagen zurück, während andere sagen, man solle sich nicht so anstellen, ist doch nett gemeint. Wenn es z.B. um einen Arbeitskontext geht, in dem meine Expertise gefragt ist, dann haben meine schönen Brüste oder mein hübsches Gesicht nichts mit der Sache zu tun und Bemerkungen dieser Art hier nichts zu suchen. Und im Bus oder im Club möchte ich mich nicht von Fremden begrapschen lassen, ist mir auch schon passiert. Besonders perfide finde ich die Tendenz, den Opfern die Schuld zuzuschieben, sei es der Kleidung wegen, oder eines Blickes wegen ect. Nein, auch ein kurzer Rock ist keine Aufforderung. Was ist das übrigens für ein Männerbild: Als ob ein Mann nur mit seinem Schwanz denken kann, sich nicht unter Kontrolle haben kann… Bullshit. Eine Welt ohne Sexismus ist für alle Geschlechter eine bessere Welt, davon bin ich überzeugt. Ich hoffe jedenfalls sehr, dass von der jetzigen Empörung über Übergriffigkeiten einiges hängen bleibt und mal der*die eine oder andere anfängt, darüber nachzudenken. Von daher finde ich Posts wie den Deinigen sehr wichtig. Viele kleine Schritte führen vielleicht auch zum Ziel… Liebe Grüße von Ella

            • Liebe Lu,
              Danke für das wichtige Thema. Ich hab zum Glück noch nicht viel Schlimmes erlebt, was ich als Grenzüberschreitung empfunden habe. Allerdings ist mein schlimmstes Erlebnis erst ein paar Wochen her. Auf meiner beruflichen Mailbox hat ein Kunde obszöne Nachrichten hinterlassen und eindeutig onaniert. Für mich war das eigentlich Schlimme, dass meine Vorgesetzten alles runterspielen wollten und indirekt noch mir die Schuld gegeben haben. Genau so funktioniert Missbrauch! Und bei diesen Vorgesetzten handelt es sich überwiegend um Frauen! Es muss noch viel getan werden für ein Bewusstsein, dass sich niemand so was gefallen lassen muss und Grenzen zu respektieren sind!
              LG Kirsten.

              • Das Schlimme an der ganzen Sache: Fast jede Frau hat es schon erlebt. Das Schlimmste: Viele Frauen reden nicht darüber, spielen es herunter oder machen sich sogar darüber lustig. Weil die Gesellschaft ihnen sagt, dass es okay ist, Frauen zu belästigen.

                • Hallo liebe Lu,

                  ich habe deinen Post gelesen und leichtes Drücken in der Brust gespürt. Mir ist nie richtig klar geworden, bis jetzt, dass hinter einer sexuellen Belästigung viel mehr steckt als Vergewaltigung. Ich hoffe du verstehst was ich sagen möchte. Ich bin heute 23 Jahre alt und habe, seit ich 13 bin nicht die schönsten Erfahrungen mit Männern gehabt. Ich wurde gottseidank nie vergewaltigt. Ich habe mich auch nie „freizügig“ angezogen und dennoch wurde ich immer sexuell belästigt. Anscheinend waren meine blonden Locken und große graue Augen ein Signal für die Schwachköpfe. Mit fast 13 J. hat ein Typ mich geküsst ohne dass ich es wollte, danach war noch einer. Mit 14 wurde ich ständig angefasst an allen intimen Körperteilen ohne dass ich mein OK gab. Es geschah bei Partys, bei „schönen“ Spaziergängen und so weiter. Einmal, als ich bei meiner Cousine zur Besuch war, war da ein Mann, verheiratet und zwei Kinder. Als ich aus dem Raus wo alle saßen raus ging um meine Haare zukämen, kam er gerade aus der Toilette raus und stand auf einmal ziemlich dicht hinter mir. Im nächsten Moment hielt er meine Hände hinter meinem Rücken fest und versuchte mein Hals zu küssen, ich hatte einen Rollkragenpulli an. Auch nach dem ich ihm sagte, dass ich erst 15 sei, wollte er nicht aufhören. Ich hatte Angst nach Hilfe zu rufen, denn im Raum nebenan saßen meine Freunde. Ich war zu beschämt, ich dachte die würden mich auslachen. Später als er mich doch noch losließ und wir zu den anderen zurückkehrten, erzählte ich meinem besten Freund, was geschah. Ich glaube er nahm mich nicht ernst, denn geschrien oder geheult habe ich nicht. Ich hatte bloß Angst den Menschen im Raum in die Augen zu schauen.
                  Mein Freund hat einmal, ganz am Anfang unserer Beziehung versucht mich zum Sex zu „überreden“ in dem er sich auf mich drauf legte und meine Hände festhielt, da habe ich geheult und hatte einen Nervenzusammenbruch. Es kam nie wieder vor und er hatte sich entschuldigt, aber die Erinnerung ist geblieben.
                  Die ganzen Widerlichen Nachrichten auf den Social Medias bekomme ich auch, und sogar fast alle Frauen und Mädchen in meiner Umgebung.
                  Meine Schwester wurde vergewaltigt als sie 19 war. Sie kam von der Arbeit nach Hause und wurde von einem Unbekannten mit dem Auto abgefangen und schließlich im Wald vergewaltigt. Im Auto lief ein Lied von der Metallica, bei dem sie bis heute (jetzt ist sie 35 Jahre alt) panisch wird.
                  Frauen werden Tag täglich unfair behandelt und die Gesellschaft schiebt die Schuld auf die weibliche Bevölkerung, was ich nicht okay finde.
                  Ich hasse dieses Gefühl, als würdest du nur das verdienen. Dreckige und eklige Kommentare, Rumgegrabsche und perverse Blicke.
                  Gruß Maria

                  • Hallo Lu,

                    sehr guter Post, danke! Du hast vollkommen recht: ALLE Frauen wurden schon einmal sexuell belästigt. JEDE Frau mit der ich je über dieses Thema gesprochen habe, konnte mir Geschichten wie deine erzählen. JEDE!!! Ich finde das so wahnsinnig, dass es mich rasend und ohnmächtig macht.

                    Dass alle Frauen betroffen sind, zeigt klar auf, dass nicht der sexuelle Reiz bei den Männern im Vordergund steht, sondern dass es um die Ausübung von Macht geht. Wenn jede Frau, in jeder Altersklasse, mit jeder Figur und jeder geistigen und körperlichen Entwicklungsstufe und jeglicher Kleidung sexuelle Belästigung erfährt, dann wird deutlich wir haben es hier mit einerm Machtmissbrauch auf Seiten der Männer zu tun.

                    Mit ca. 10 Jahren wollte mir ein Mann im Schwimmbad „schwimmen beibringen“ und versuchte mich dabei anzufassen. Mit 15/16, nach einem geselligen Abend in größerer runde auf einem Boot, hat ein betrunkener etwa 55 Jahre alter Mann zunächst darauf bestanden mich heim zu begleiten und versuchte mich währrenddessen dazu zu überreden, ihm „noch Gesellschaft zu leisten“, nachdem er mich den gesamten Abend andauernd „wie zufällig“ berührt hat. Als er mir diesen Vorschlag machte, stand er vor mir, machte seine Hose auf, nahm sein Glied in die Hand und urinierte während er mich dabei provokativ ansah. Mit Anfang 20 war ich mit 2 Freundinnen abends in der Stadt unterwegs, da lief uns ein Mann hinterher, der sich auffällig benahm. Plötzlich erkannten wir, dass er seinen errigierten Schwanz rausgeholt hatte und sich selbstbefriedigte. Etliche Male wurde ich von Männern bedrängt Sex mit ihnen zu haben und trotz klarem „NEIN“ machten sie weiter mit einer Mischung aus aggressiver Bettelei und aufdringlichem Gefummel. Ich war meist zu ohnmächtig um das konsequenter abzublocken. Es hat unheimlich Kraft gekostet sie abzuwehren.. Ich habe damals sogar oft gedacht, „komm, mach keine Szene; komm, nicht deren Egos verletzen“. Heute mit 33 bin ich wütend, dass so viele Männer meine Wehrlosigkeit ausgenutzt haben.

                    Beihnahe Peanuts sind da die vielen sexuelle übergriffigen Nachrichten beim Online Dating, die immer aggressiveren Anmachen im öffentlichen Raum. Kürzlich hat mich ein Mann, der draußen im Café saß im Vorbeigehen mit sowas wie einem „Hey du da, Süße!“ gerufen und mir mit der Hand ein Zeichen gemacht, dass ich zu ihm kommen soll und mich neben ihm setzen soll, so als ob er einen Hund ruft. Sogar Obdachlose und Alkis pfeiffen mir hinterher und rufen mir Anmachen zu!!

                    JEDES MAL, wenn ich draußen (in der Stadt) unterwegs bin, werde ich im Stil einer Fleischbeschau unverhohlen von oben bis unten abgecheckt. Nicht wenige machen mir Zeichen, dass ich sie errege. Ich werde in der Bahn angegraben, in Geschäften, eigentlich egal wo, meist sobald irgendwie ein Augenkontakt von mehr als 1 Sekunde zustande kam. Meine Güte, ich laufe nicht mit gesenktem Haupt durch die Gegend, sondern gucke Menschen , die mir entgegenkommen auch an. Das will ich auch nicht ändern wollen.

                    Es ist das Eine zu flirten und sich gegenseitig zuzulächeln und es ist was anderes wie ein Objekt behandelt zu werden.

                    Mindestens 70% all dieser Männer, die mich online und in der Öffentlichkeit belästigen, haben einen offensichlichen Migrationshintergrund, die meisten davon sind „Südländer“ und „Afrikaner“. Eine unpopuläre Feststellung, aber es bringt nichts diese Realität zu beschönigen. Auf dem Weg zur Bahn hat mir letztens ein Ghanaer seine Hilfe beim Schleppen des Katzenstreus und anderer Einkäufe angeboten, das „sei seine Pflicht als Christ, besonders bei einer so hübschen Frau“. Ich habe erst dankend abgelehnt, aber er ließ nicht locker und ich gab nach, weil die Sachen verdammt schwer waren und wir ohnehin in nur 200m am Gleis ankämen. Er wollte mir das alles sogar bis nach Hause tragen. Wir haben dann ein bisschen Small-Talk gehalten, auf Englisch, weil sein Deutsch zu schlecht war. Er kam dann sehr schnell zur Sache und fragte ob wir uns treffen könnten, er wolle mich daten. Ich lehnte freundlich ab, doch er ließ wieder nicht ab und wollte mir unbedingt seine Telefonnummer geben. Als ich wieder sagte, dass ich kein Interesse an weiteren Treffen hatte, wollte er unbedingt wissen wieso und weshalb und unterstellte mir ich sei Rassistin. Jedes Mittel ist recht!

                    Ich hasse es, dass wir 2017 haben und ich mich nicht mehr unbeschwert im öffentlichen Raum bewegen kann, ohne als Frau für die sexuellen Bedürfnisse der Männer gegen meinen Willen benutzt zu werden und/oder von Männern darüber degradiert werde. Meine Wahrnehmung ist- und das finde ich so schockierend- dass es IMMER MEHR wird. Das muss einfach aufhören.

                    Ich nehme „catcalling“ auch nicht mehr so hin und konfrontiere die Absender. Was glaubst du wie klein mit Hut die werden? Herrlich. Es reicht aber auch einfach!

                    An alle Frauen: setzt Grenzen, konfronitiert die Aggressoren mit ihrem Verhalten, sprecht sie wenn möglich darauf an, eilt anderen Frauen zu Hilfe, wenn ihr bemerkt, dass sie belästigt werden und sprecht über eure Erlebnisse! Macht sie öffentlich!

                    VG
                    Julia

                    • Liebe Lu, Ihnen großen Respekt vor Deinen offenen Worte. Sie bringen es für mich auf den Punkt. Ich bin 56 Jahre und auch an mir ist dieses Thema nicht vorbei gegangen. Zu einer Zeit an die ich mich nicht erinnern kann und nur ein Gefühl da ist, als Jugendliche, als junge Frau mit tätlichen Angriffen, später mit den ständigen anstarren meines großen Busens und Bemerkung.
                      Ich selber habe zwei erwachsene Söhne und ich hoffe immer das sie und mein Mann reagieren wenn andere Männer ihre Grenzen nicht erkennen. Ichvtue es auf jeden Gall, selbst bei Bemerkungen die mein Mann einer Bedingung als freundliches Kompliment meint, ich es als Frau jedoch als Überhriff empfinde.
                      Den wer schweigt macht sich zum Mittäter.
                      Ich wünsche mir auch das wir darüber eines Tages nicht mehr reden müssen, weil es keine Übergriffe mehr gibt, ob für Frauen oder Männer.

                      • DAS ist ja wirklich unglaublich! Ich kann manchmal gar nicht so schlimm denken, wie es passiert! Was ist da nur los in den Köpfen der Männer? Ich glaube, jeder Frau ist so etwas schon mal passiert. Ich wäre mal fast in einer Disko aus so einer Nummer nicht mehr raus gekommen, weil der DJ mich mit in einen Raum nahm und abschloss. Ich war 15! Mein Glück war, dass meine Leute da sehr aufgepasst haben und wie die Bekloppten an der Tür gerüttelt haben. Sonst wäre ich da nicht drumrum gekommen. Und nein, es gibt niemanden das Recht, weil man so oder so angezogen ist, so oder so aussieht, den anderen zu beschämen! ich habe eine 16 jährige Tochter und ich predige immerzu, dass sie mit ihren Bildern und überhaupt im Netz aufpassen soll. Weil man eben nicht weiss, was da los ist!

                        Ich kann echt nur den Kopf schütteln………Frauen sollten in dieser Angelegenheit zusammen halten! Und stark sein!

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