• Private IX | Glorifying Obesity •

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Luziehtan von Katarina Kühl

Illustration: Katarina Kühl
“Das ist ungesund!”
Du wirst Diabetes bekommen!”
Du bringst dich langsam um!”
Schau’ mal in den Spiegel, das ist nicht schön!”

“Hör auf, Übergewicht zu verherrlichen!”

Nur ein paar der Kommentare, bei denen es um die Gesundheit von dicken Menschen geht. Die Kommentatoren scheinen an deren Gesundheit interessiert zu sein, aber die Wahrheit ist: sie machen sich überhaupt keine Sorgen darum, dass ich Probleme habe, weil ich dick bin. Was sie stört, ist, mich beim Dicksein sehen zu müssen.
Und eigentlich würden sie am liebsten sehen, dass es mir schlecht geht, denn dann könnten sie sagen: “Siehst du, ich hatte Recht, schau’ dich jetzt an!”

Wenn diese Menschen so interessiert daran sind, mit mir Doktor zu spielen, warum fragen sie mich nicht, ob ich schon zur Vorsorgeuntersuchung bei meinem Gynäkologen war? Warum erinnern sie mich nicht daran, zwei Mal im Jahr zum Zahnarzt zu gehen? Warum fragen sie mich nicht nach meiner mentalen Gesundheit? Nach meinem Diabetes, den ich bereits habe, weil ich damit geboren wurde, und nicht durch’s Dicksein “erworben” habe?

Warum fordern sie nicht jeden Raucher dazu auf, mit dem Rauchen aufzuhören, weil es tatsächlich ungesund ist?

Warum fordern sie nicht jede Ballerina dazu auf, mit dem Tanzen aufzuhören, weil es die Füße ruiniert?

Warum fordern sie nicht jeden Fahrer dazu auf, mit dem Fahren aufzuhören, weil es gefährlich ist?

Warum fordern sie nicht jeden Boxer dazu auf, damit aufzuhören, sich gegenseitig zu schlagen, weil es ernsthafte Gesichts-, Kopf- und daraus resultierend Hirnschäden verursacht?

Warum fordern sie nicht jeden im Sommer dazu auf, mit dem Sonnenbaden aufzuhören, weil es Hautkrebs verursacht?

Das Ding ist: die Menschen fühlen sich unwohl, wenn sie dicke Menschen sehen, die sich gut fühlen und stylish sind. Denn es wird uns immer erzählt, dass dick sein nicht gut ist, dass wir abnehmen müssen, um schön und sexy zu sein. Dass dicke Menschen nicht gut aussehen können, weil fett hässlich ist.

Wenn also diese Menschen jemand Dickes sehen, der nicht dem Stereotypen unserer Gesellschaft und Medien entspricht (fett und hässlich, ekelhaft und ungepflegt, isst wie ein Schwein, macht keinen Sport, kümmert sich nicht um sich selbst und all die anderen dummen Vorurteile), wissen sie nicht, wie sie damit umgehen sollen, dass jemand, der dick ist, tatsächlich gut aussieht, dass jemand Dickes schön und stylish ist, auf sich Acht gibt und sich so selbstbewusst fühlt, dass er es der Welt zeigt.

Also erfinden sie all diese Ausreden, um diese Menschen schlechtmachen zu können, indem sie sie ungesund nennen und behaupten, dass sie Übergewicht verherrlichen, was totaler Blödsinn ist.

Bitte lasst mich erklären, warum ich (und mit Sicherheit alle anderen Plus-Size-Blogger auch!) das alles mache – den Blog, meine Outfitposts, die Private-Kolumne, das Ermutigen meiner Leser zu tragen, was immer sie wollen, wann immer sie wollen:

Ich blogge, weil ich möchte, dass die Menschen wissen, dass sie sich selbst und ihren Körper lieben sollten, egal, welche Größe sie tragen – denn es geht darum, sich gut zu fühlen, und das kann man definitiv auch mit einer größeren Größe. Und wie ich immer sage: eure Gesundheit und ein gutes Gefühl sind die wichtigsten Dinge in eurem Leben! Und wenn mindestens eins davon für euch nicht mehr funktioniert, dann müsst ihr etwas dagegen tun. Sei es eine Gewichtsabnahme oder etwas Oberflächliches wie ein neues Outfit, ein neuer Haarschnitt oder ein neues Make-up – es gibt viele Möglichkeiten.
Ich möchte hauptsächlich die Vielfalt feiern. Feiern, dass es nicht nur dieses eine Ideal gibt, sondern noch viele andere Formen drumherum, größer und kleiner.
Übergewicht verherrlichen oder idealisieren ist nicht meine Message und ganz ehrlich: wer bekommt denn hier das Gefühl “ich muss zunehmen und auch dick sein!”, wenn er oder sie meine Bilder sieht? Ich möchte wagen zu behaupten: kein einzelner. Denn meine Botschaft ist nicht, dass man dick sein soll oder dick sein gut finden soll, sondern sich gut fühlen soll – auch wenn man dick ist. Und das ist etwas ganz anderes.
Ich will inspirieren, Outfits zeigen und die Kreativität meiner Leser – euch! – “fördern”, wenn ihr mich und meine Looks seht. Ich will, dass ihr das Gefühl bekommt, dass dick sein kein Stoppschild ist, weder für Mode noch für’s sich schön fühlen und geliebt fühlen, und dass dick sein okay ist, solange man sich selbst so akzeptiert und gut fühlt und gesund ist. Es gibt keinen Grund, sich für andere und vor allem nicht für die Gesellschaft zu verändern.

Niemand muss mich nachmachen, aber alle sind herzlich eingeladen, es zu tun.

Nur ein paar Worte zur Illustration: Katarina hatte mich gefragt, ob sie eine Illustration von mir machen dürfte, und da ich mich immer wahnsinnig geehrt und geschmeichelt fühle, dass Menschen tatsächlich ihre Zeit damit verbringen, mich zu malen (ich meine: mich, ich bin nicht mal berühmt oder so!), habe ich natürlich ja gesagt und sie hat mich mit diesem unglaublichen Bild überrascht! Ich dachte, dass es lustigerweise perfekt zu diesem Post passt, weil ich wie eine Heilige aussehe (wenn’s schon um’s Glorifizieren geht). :) Tausend Dank nochmal für diese wunderbare Illustration – ich kann es kaum abwarten, sie an meine Wand zu hängen. ♥